Montag, 14. November 2011

Der zweite Tag in Prag PART III

Den nächsten Morgen (Samstag) haben wir dann langsam angehen lassen, haben unsere Sachen zusammengepackt, ein bisschen was von dem Wenigen gegessen, was wir mithatten und sind ausgecheckt.

v.l.n.r. Dio, Anna, Elianne
Auf dem Weg nach draußen war das erste, was wir gesehen haben, ein Graffiti an der Wand, was gesagt hat: GOD WE TRUST.

 
Auf den Straßen von Prag angekommen, haben wir dann angefangen, uns etwas sehr wichtiges zu fragen:„What the heck are we actually doing here?!“. Ich meine okay, wir sind in Prag, weil wir das Gefühl hatten, Gott möchte uns hier haben. Wir hatten eine super gesegnete Anreise, Spaß, Essen, eine gemütliche Nacht, aber jetzt mal im Ernst…WARUM sind wir eigentlich hier?! Ein Bisschen…nein, VÖLLIG planlos sind wir dann durch die Straßen gelaufen, haben ein paar Fotos gemacht und gebetet.




Während wir so rum gelaufen sind, habe ich einen ziemlich netten Typ aus Australien kennen gelernt, der zurzeit als Promoter für eine Sport-Bar arbeitet und echt cool drauf war. Er hat mich dann gefragt, was ich hier so mache und ich habe ihm von unserer Reise und dem Grund der Reise erzählt. Er war die ganze Zeit voll fasziniert, dass das geklappt hat und dass wir verrückt genug sind, ein Risiko einzugehen.


Nach einer Weile haben wir uns als Gruppe dann getrennt und Anna und ich sind alleine gewesen. Weil es echt kalt wurde, beschlossen wir, in eine Einkaufspassage zu gehen. Dort hatten wir dann das Gefühl, Leute zu fragen, wo eine Gemeinde ist, wo wir pennen könnten. Anna sah eine Frau in einem Blumengeschäft, zeigte auf sie und ich dachte, sie möchte sie nach einer Gemeinde fragen. Die Beiden haben sich dann auf Tschechisch unterhalten und nach dem Gespräch meinte Anna fröhlich: “Geht klar, wir dürfen bei ihr schlafen.“.
-„Wir dürfen WAS?! Sag nicht, du bist grade einfach auf eine wildfremde Frau zugegangen und hast gefragt ob wir bei ihr schlafen dürfen.“
-„Doch und sie hat ja gesagt.“
Wie du dir vlt. vorstellen kannst, war mir das suuuper unangenehm. Aber um einen langen Prozess kurz zu machen: wir haben dann doch nicht bei ihr geschlafen und ich war irgendwie froh darüber, weil ich einfach keinen Frieden darüber gehabt habe.
Damit wir nicht einfrieren, sind wir in einen Souvenir-Shop gegangen und haben gebetet, dass Gott uns iiirgendwie einen diesen Sweater gibt. 


 
Im Glauben, haben wir uns die Jacke dann genauer angeguckt und sind mit der Verkäuferin ins Gespräch gekommen, haben ihr erzählt, warum wir in Prag sind und sie hat uns aus ihrem Leben erzählt. An einem Punkt im Gespräch hat sie dann Tränen in den Augen gehabt, was mich zu dem sehr ungeistlichen aber nahe liegenden Gedanken brachte: “Vielleicht möchte sie mir ja jetzt die Jacke schenken.“ Hihi. Aber na ja, nicht ganz. Sie hat uns Rabatt gegeben. Aber für Null Euro ist selbst ein Rabatt zu teuer.
Vollkommen planlos sind wir dann durch die Stadt gelaufen und standen plötzlich vor einem Bahnhof, in den wir rein gegangen sind. Wir hatten ja eh nichts anderes vor. Als wir durch die Türe gegangen waren, war mein erster Gedanke: „Man, hier sieht’s echt aus, wie auf einem Flughafen.“


Ich meine, alles darin habe ich mit einem Flughafen verbunden. Wenn Gott BAHNHOF gesagt hätte, hätte ich ein völlig anderes Bild gehabt. Als wir das also realisiert hatten, waren wir gespannt, was passieren würde. Da wir den ganzen Tag „sinnlos“ in der Kälte rum gelaufen waren, waren wir müde und kraftlos. An dieser Stelle ein Hoch auf IKEA, die aus Werbegründen Sofas aufgebaut hatten, auf die wir uns niederlassen konnten.


„Gut, Gott, wir sind hier im Flughafen/Bahnhof, ich weiß, dass das einen Grund hat, aber ich werde NICHTS machen, außer hier zu sitzen und zu warten. Ich bin müde, habe Hunger und mir ist kalt.“ Mit der Einstellung saßen wir dann eine ganze Weile auf den (bequemen) Ikea Sofas und haben gewartet und uns die Leute angeguckt. Ich habe dann gesehen, dass schräg hinter mir eine Gruppe Polizisten stand und hatte das Gefühl, ich soll mit ihnen reden. Das wiederum hat jedoch völlig meiner derzeitigen Einstellung widersprochen. Also bin ich sitzen geblieben. Ab und an habe ich mich umgedreht und sie standen unverändert immer noch am selben Platz. Nachdem ich dann ein wenig von unserem letzten Toastbrot gegessen habe, was ich eigentlich für später aufheben wollte, war schon mal das Hungerproblem mehr oder weniger gelöst. Nach dem Snack standen sie Polizisten IMMER NOCH genau dort.
„Boar, von miiiir aus. Dann geh ich eben doch hin!“ Als ich dann vor der Gruppe stand, hatte ich natürlich keinen Plan, was ich eigentlich fragen oder sagen sollte. Aber da ich jetzt eh schon dort war und mich vorgestellt hatte, erzählte ich ihnen einfach grob, warum wir hier sind. Die Polizistin hat das irgendwie falsch verstanden und dachte, ich möchte ein Ticket kaufen. Deswegen ist sie mit mir dann von der Gruppe weggegangen. Nachdem das Missverständnis geklärt war, hatte ich ein super Gespräch mit ihr über Prostitution und Menschenhandel in Prag. Sie hat uns dann auf dem Stadtplan einige Straßen eingezeichnet, wo Striche sind.


Mit neuem Enthusiasmus sind Anna und ich dann losgezogen. Schon bald ist uns dann aber aufgefallen, dass die Frauen da eh nicht tagsüber stehen und wir uns vielleicht erstmal dem Schlafplatz-Projekt widmen sollten. Das Traurige war, dass keiner, den wir gefragt haben, einen Zusammenhang zwischen Kirche und Platz zum Schlafen herstellen konnte. Die Kirche ist in den Augen der Menschen ein pompöses Gebäude, was man anschauen kann und weiter nichts. Während wir dann so durch die Innenstadt liefen hatten wir das Gefühl, wir müssen sicher ein bisschen aus der Stadt rausgehen, weil es hier „nicht nach Kirche aussieht“. Drauf hin haben wir uns dann die Frage gestellt, wie es denn wo „aussehen“ muss, wo eine Kirche ist. Ist nicht genau dort der Platz, wo Orte gebraucht werden, wo Leute hingehen können und Antworten finden? Ist nicht genau neben einem Stripclub der Ort, wo Sicherheit und Geborgenheit gebraucht wird?! Ich denke schon.

Total in unsere Schlafplatz-Suche vertieft, haben wir gar nicht mitbekommen, wie weit wir gelaufen sind, als wir plötzlich an einer riesigen Kathedrale ankamen.


Das erste Komische, was wir gesehen haben, als wir rein kamen, waren koreanische Kinder, die geputzt haben. Diese haben wir dann gefragt, ob wir mit irgendwem reden könnten und sie haben den Priester geholt. Anna hat ihm dann unsere Situation geschildert und -man ich bin immer noch angepisst, wenn ich darüber nachdenke- er meinte nur: “Hm sorry, ich hab grade keine Zeit!“ und ist gegangen. Boar…geht’s noch?! Ich bin froh, dass Anna nicht so ein überfließendes Temperament hat wie ich, sonst hätten wir uns da echt reinsteigern können und vielleicht angefangen zu randalieren. Ich war so sauer und enttäuscht und habe echt keine netten Sachen gesagt. Ich konnte die ganze Situation einfach nicht begreifen. Ich bin froh, dass Anna die Fassung bewahrt hat und mich darauf hingewiesen hat, dass das nichts bringt und wir ihn trotzdem respektieren müssen.

Während wir dann da so saßen, habe ich mir gewünscht, ich wäre zu Hause geblieben, und würde in meinem warmen Bettchen liegen. Aber in dem Moment kam ein Gedanke in meinem Kopf, der mir sagte: “Selbst wenn die ganze Situation total frustrierend ist [und ich war ECHT frustriert], lernst du HIER gerade weit mehr, als wenn du es dir zu Hause gemütlich machen würdest.“ Dann ist Anna und mir auf einmal klar geworden, dass es absolut NULL Sinn gemacht hat, dass wir so weit aus der Stadt raus gelaufen sind, da wir ja Abends zum Strich gehen wollten, der Mitten in der Stadt ist. Wir sind dann den ganzen Weg wieder zurückgelaufen und Anna meinte plötzlich, dass sie denkt, dass es zu gefährlich ist, nachts zu den Prostituierten zu gehen. Ich war einerseits erleichtert, weil ich echt kaputt war, hab mich aber andererseits auch schlecht gefühlt, weil es für mich so aussah, als drücken wir uns vor etwas. Aber ich habe ihr dann vertraut und war einverstanden. Als Kompromiss sagten wir, wir könnten ganz früh am Morgen gehen.

Damit sind wir dann weitergelaufen und Anna ist eingefallen, dass sie noch ein kleines Bisschen Geld auf einer anderen Karte hat, die sie dabei hat. Von dem Geld haben wir uns dann etwas zu essen gekauft und Anna meinte, dass wir ja wieder zu dem Hostel gehen könnten. An der Rezeption angekommen sagte uns die Dame dann, dass das Hostel heute Nacht brechend voll ist und sie kein freies Zimmer mehr hat. Aber sie hätte noch 2 freie Betten in einem Gemeinschaftszimmer. „Gebongt. Mir ist alles egal. Ich will nur schlafen.“ Wir sind dann das Geld abheben gegangen und haben realisiert, dass es GENAU genug für DIESES Zimmer war, da das Gemeinschaftszimmer billiger war. Das bedeutet, dass unser Geld nicht für ein normales Zimmer gereicht hätte. DANKE JESUS! Als wir dann wieder zurückkamen, war ein Zettel an der Tür mit der Aufschrift: „A2 Hostel is totally full tonight!“


Im Raum angekommen haben wir uns erstmal einen Tee gemacht und was gegessen.



Anna meinte dann, dass es vielleicht doch keine so gute Idee wäre, Sonntagmorgen loszugehen, weil da sicher keine Prostituierten sind. Sie hatte einen totalen Frieden über die Situation und empfand, dass wir vielleicht schon alles gemacht haben, was wir tun sollten. Ich war mir da nicht so sicher. Aber ich hatte auch keine Kraft, irgendwas zu starten. So sind wir dann ich glaube gegen 8 ins Bett gegangen.

Nach ca. einer halben Stunde, in der wir langsam anfingen einzuschlafen, ging plötzlich die Tür auf und 2 unserer vermeintlichen Mitbewohner kamen herein. Ich lag mit dem Rücken zur Tür, sodass ich nichts sehen, sondern nur hören konnte. Es hörte sich an wie ein deutsches Paar, welches hereinkam. Die Frau fragte dann, ob es okay ist, wenn ihr Freund mit bei ihr schläft. Hm, was sagt man in so einer Situation? „Ähm..ja.“. Die Beiden waren etwa 30 cm neben mir in dem anderen Bett. Nach ca. 5 Minuten realisierte ich dann, dass sie nicht „nur schlafen“ und dachte: „Das ist jetzt nicht wahr…“ Nach weiteren 5 Minuten gab es dann irgendein Problem und die Frau verließ den Raum. Als sie wieder hereinkam, machte der Mann wütend das Licht an und begann rum zu schreien. Es hat dann einige Sekunden gedauert, bis wir gecheckt haben, dass die beiden kein normales Paar sind, sondern dass der Mann für die Nacht bezahlt hatte. Das Problem war in dem Moment, dass er meinte, sie hätte ihm Geld gestohlen, worüber er mehr als böse war und weswegen er sie gegen die Wand drückte und begann, sie zu würgen.

Okay, einen Moment mal. Wir hatten das Gefühl, nach Prag zu gehen und es hat irgendwas mit Prostitutuon zu tun. Den ganzen Tag ist nichts wirklich passiert, wir sind kaputt, müde und gehen ins Bett und GOTT BRINGT DIE BEIDEN DIREKT IN UNSER ZIMMER! Wir haben dann gewusst, dass das hier definitiv was mit uns zu tun hat und wir nicht einfach wegsehen oder das Zimmer verlassen können.

Fortsetzung folgt...haha.

PS: Es gibt Neuigkeiten, von unserem Outreach. Wie's zur Zeit aussieht, werden wir...ich weiß, verrückt...in 15 Länder im Ostblock gehen. Aber Genaueres steht noch nicht fest. Wir beten immernoch für Finanzen, Vans und verschiedene materielle Dinge. Aber Gott wird versorgen (:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Yeeeey. Danke für deinen Kommentar (: